Ikigai und Zweck der Existenz – Was die japanische Lebenskunst und John Strelecky miteinander zu tun haben
Worin unterscheiden sich Ikigai und Zweck der Existenz samt Big Five for Life?
Dieser Artikel beleuchtet die Unterschiede und findet Gemeinsamkeiten. Plus: Er liefert Ansätze, wie du deinen ZDE (also deine Lebensaufgabe) erkennst und dein Ikigai wahrnimmst.
Was ist der Sinn deines Lebens?
Wer sich mit Lebenssinn beschäftigt, stößt früher oder später auf die Ideen von John Strelecky – insbesondere auf seinen Zweck der Existenz (ZDE) und die Big Five for Life (BFFL).
Hier geht es darum, herauszufinden, was dein Leben lebenswert macht und wofür du auf der Welt ist. Es ist ein modernes Konzept, das sich auf den Spuren der „alten“ Philosophen bewegt. Denn: Die Sinnsuche gibt es nicht erst seit dem 21. Jahrhundert.
Streleckys ZDE zielt darauf ab, eine Art persönliches „Leitmotiv“ zu definieren: Wofür bist du hier? Was hat für dich Sinn?
Die Big Five for Life sind die fünf wichtigsten Dinge, die du erleben, erreichen oder in deinem Leben verwirklichen möchtest.
Das Konzept ist ein stark zielorientierter Ansatz, der Menschen helfen kann, Klarheit zu finden. In unserer schnelllebigen, westlichen Welt ist dieses Bedürfnis besonders ausgeprägt.
Speziell Menschen, die im Hamsterrad von Arbeit und Leistung stecken und einen Sinn in ihrer Tätigkeit finden wollen, fühlen sich von der Einfachheit des Konzeptes angesprochen.
Das Konzept ist unglaublich beliebt. Streleckys Bücher verkaufen sich wie geschnitten Brot und es hat sich eine große Community darum gebildet. Das ist wunderbar.
Auch ich wurde angesteckt, als ich „Das Café am Rande der Welt“ und „The Big Five For Life“ gelesen habe. Endlich hat jemand in Worte gefasst, was mich innerlich bewegt, dachte ich damals.
Und natürlich habe ich auch meine B5FL formuliert. Mehrfach tatsächlich.
Mein ZDE brauchte auch mehrere Runden, bis er wirklich die Essenz zeigte, die mich ausmacht. Sie umfasst meine Lebensaufgabe und das, was ich ganz natürlich tue: Brücken bauen – zu scheinbar unerreichbaren Orten.
Ikigai? Brauche ich nicht!
Lange dachte ich: Mit diesem Konzept (ZDE & BFFL) ist alles erledigt, ich brauche nichts anderes.
Ikigai tauchte immer wieder in meinem Radar auf, doch ich beschäftigte mich nur oberflächlich damit. Das änderte sich, als ich für meinen Verlag einen Artikel dazu schrieb und tiefer recherchierte. Dabei fand ich heraus, dass Ikigai mir in meiner jetzigen Lebensphase (das Leben auf der Schmetterlingsfrequenz) sehr zusagt.
Und: Ich habe herausgefunden, dass Ikigai in westlichen Ländern leider falsch verbreitet wurde und wird. Skandal!
Hier ist die Geschichte zum weit verbreiteten Ikigai-Irrtum:
Außerhalb Japans hat sich Ikigai in den letzen Jahren fast selbständig und ohne böse Absicht in eine Formel verwandelt: das Ikigai-Venn-Diagramm (siehe oben) das uns auffordert, unsere Passion, Berufung, Mission und unser Einkommen zu kombinieren. So soll es uns gelingen, unser „wahres Ikigai“ zu finden.
Findige Coaches weltweit haben sich stillschweigend auf diese Venn-Grafik geeinigt und setzen sie häufig ein. Viele Ikigai-Fans nehmen sie als Vorlage für ihre Lebensplanung.
Daran ist nichts Falsches. Doch Vorsicht: Diese Darstellung ist eine bequeme Vereinfachung und verzerrt das traditionelle Konzept.
Zurück geht die Grafik auf das „Propósito Venn Diagram“, das der spanische Astrologe Andrés Zuzunaga kreiert hat. Propósito heißt übersetzt: Bestimmung, im Englischen: Purpose. Deshalb stand dieser Begriff ursprünglich im Zentrum des Diagramms.
Der Blogger Marc Winn hat dieses Diagramm in einem TED-Talk gesehen und es spontan und ohne Hintergedanken mit seinem Wissen über Ikigai kombiniert.
Er setzte den Begriff „Ikigai“ in den zentralen Schnittpunkt. Damit hat er, ungewollt, ein neues Meme kreiert, das sich hundert millionenfach in der Welt verbreitet – bis heute.
Mit dem wahren Ikigai, wie es in Japan praktiziert wird, hat das allerdings nichts zu tun, wie auch Marc Winn bestätigt.
Vielmehr ist es ein Versuch, die jahrhundertealte japanische Kultur an unser westliches Leben anzupassen.
Wenn man so will, rückt Ikigai mit diesem Diagramm näher an John Strelecky und Co. heran.

Was ist der Unterschied zwischen IKIGAI und Streleckys Prinzipien?
Obwohl sich Ikigai und Streleckys Prinzipien auf einer ähnlichen Sinn-Ebene bewegen, unterscheiden sie sich in ihrer Tiefe, Kulturverwurzelung und Herangehensweise deutlich.
Ikigai ist weniger zielgerichtet und mehr eine gelebte Haltung. Es verlangt keine To-do-Liste fürs Lebensglück, sondern lädt uns ein, den Sinn im Alltäglichen zu entdecken. Ikigai wächst mit der Zeit, entwickelt sich mit uns weiter und lässt Raum für Veränderung.
Während sich Streleckys Modelle eher auf konkrete Lebensziele (in der Zukunft) fokussieren, geht es bei Ikigai darum, in der Gegenwart, also jetzt, Erfüllung zu finden. Sei es beim Zubereiten einer Mahlzeit, beim Gespräch mit einem Freund oder in einer ruhigen Stunde für sich selbst.
Ein weiterer Unterschied liegt in der kulturellen Prägung: Strelecky spricht aus einem westlich-individualistischen Kontext, der Selbstverwirklichung häufig mit Leistung und Zielerreichung verknüpft.
Ikigai hingegen entspringt einer kollektivistischen Kultur, in der der Sinn des Lebens nicht nur im eigenen Glück, sondern auch im Beitrag zum großen Ganzen gesehen wird – leise, beständig, bescheiden.

Lässt sich Ikigai mit dem ZDE kombinieren?
Beide Konzepte können sich ergänzen:
Wer bereits seine Big Five kennt, kann durch Ikigai lernen, wie man auch im Kleinen Sinn findet – unabhängig davon, ob gerade ein großes Lebensziel auf dem Plan steht.
Und wer Ikigai lebt, kann durch Streleckys Methoden mehr Klarheit über größere Lebensmotive gewinnen. Dabei ist es hilfreich, dir bewusst zu machen, dass Ikigai kein Projekt ist, das du „abschließen“ kannst, sondern eine tägliche Praxis – oft unspektakulär, aber zutiefst wirkungsvoll.
Dabei helfen kann dir meine ZDE-Trilogie, in der ich Streleckys Anschauung konkretisiere. Es gibt sie hier zum Download.
Wie du Ikigai in dein Leben holst – praktische Tipps
Die Entdeckung deines Ikigai ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein fortlaufender Prozess der Selbstreflexion und Selbsterkenntnis und der persönlichen Entwicklung.
Hier sind einige Ansätze, um Ikigai in dein Leben zu integrieren:
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Selbstreflexion: Nimm dir regelmäßig Zeit, um über deine Werte, Stärken und Leidenschaften nachzudenken. Welche Aspekte deines Lebens fühlen sich „richtig“ an? Was tut dir gut? Was behindert dich?
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Achtsamkeit: Gehe achtsam durchs Leben, um den gegenwärtigen Moment zu schätzen. Reduziere so den Druck, immer hinter dem nächsten Thrill oder Glücksmomente herzuhetzen.
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Verbindung: Suche nach Wegen, wie du dein Leben mit anderen verbinden kannst – sei es durch deine Arbeit, deine Beziehungen oder deinen Beitrag zur Gesellschaft. Deine Gaben sind dann am wirksamsten, wenn du sie mit denen von anderen verknüpfst.
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Langfristige Perspektive: Sieh Ikigai nicht als einen Punkt, den du irgendwann erreichst und abhakst, sondern als eine fortwährende Reise, bei der du immer wieder neue Einsichten gewinnst. Diese Selbstfindungsreise hat schon lange begonnen und endet erst am Ende deines Lebens.
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Verbindung zu deinem ZDE: Wenn du deine Lebensaufgabe tatsächlich erkannt hast, hast du eventuell festgestellt, dass sie eher „unspektakulär“ klingt. Das ist gut so, denn du erfüllst sie ganz natürlich. Die Lebensaufgabe ist demnach ein sehr hilfreicher Hinweis auf dein Ikigai. Denn sie deckt die 5 Säulen des Ikigai idealerweise alle ab.
Mein Tipp: Mehr zu Ikigai, und wie es sich positiv auf deine Gesundheit auswirkt, kannst du in diesem Artikel herausfinden.
Viel Vergnügen mit deinem ZDE und deinem IKIGAI wünscht dir
deine Gabriele
PS: Erzähle doch in den Kommentaren, wie du mit beiden Konzepten umgehst. Danke dir.