Wie „normal“ willst du sein?

 

Ich bin in einem kleinen, schwäbischen Dorf aufgewachsen, das umgeben ist von anderen kleinen, schwäbischen Dörfern. „Normal sein“ war dort das Maß aller Dinge:

 

Man war (mehrfaches) Vereinsmitglied, war Gast bei den regelmäßigen Festen, arbeitete viel ums Haus herum (außer am Sonntag) und schloss sich der allgemeinen Meinung an, die in der Lokalzeitung stand. Wer Haus, Hochzeit und Kinder „erledigt“ hatte, gehörte dazu.

 

Viel geändert hat sich dort bis heute nicht. Vielleicht ist die Reihenfolge anders (Kinder, Hochzeit, Haus) und vielleicht glaubt man eher der Meinung, die auf WhatsApp verbreitet wird. Aber im Großen und Ganzen leben die Leute dort „normal“.

 

Und passen ihr „Normalsein“ an den Zeitgeist an. Will heißen: Die Autos sind heute größer, die Fahrräder elektrisch und die Gärten um die Einfamilienhäuser haben weniger Rasenfläche, die von Robotern gepflegt wird.

 

Mein Problem: Ich war nie so wie die anderen und bin es immer noch nicht

 

Zwar habe ich mich oft angepasst, denn für mich als junger Mensch war aus der Reihe tanzen nicht so leicht. Aber irgendwie fühlte sich vieles für mich nicht stimmig an, auch wenn ich nicht immer wusste, warum.

 

Als ich schließlich auszog, um die Welt außerhalb von kleinen, schwäbischen Dörfern zu entdecken, war es um mich geschehen! Es gab so vieles, was man tun und erleben konnte. Und andere Menschen, die mir begegneten, tickten ähnlich wie ich.

 

Um eines klarzustellen: Ich habe nichts dagegen, wenn Leute „normal“ sein wollen. Sie haben ihre Gründe dafür: das kann Sicherheit sein, Angst oder das Bedürfnis, dazuzugehören.

 

Aber ich weiß, dass die Welt auch die Anderen, die Unnormalen braucht. Ansonsten hätte es viele Erfindungen und Entwicklungen nie gegeben. Wir würden immer noch per Pferd reisen und Frauen müssten nach wie vor ihren Mann um Erlaubnis bitten, wenn sie eine Arbeitsstelle annehmen wollten.

 

Was „Nicht-Normale“ so tun

 

In seinem Buch „Sei einzig, nicht artig!“ erzählt Martin Wehrle die Geschichte des Radiomoderators Oliver Pscherer, der an seinem ersten Arbeitstag für Furore sorgte: Er spielte in Dauerschleife die Songs „Dancing Queen“ von ABBA und „No Milk Today“ von Herman’s Hermits. Das zog er vier Stunden lang durch, bis er vom Programmchef aus dem Studio gezogen wurde, der ihn sofort beurlaubte.

 

Die Hörer protestierten vehement und wirksam gegen eine Entlassung Pscherers. Er kam zurück und bekam mehr Gehalt, weil er dem kleinen Sender buchstäblich über Nacht zu Ruhm verholfen hatte. Später arbeitete er als TV-Produzent in London. Es hat ihm offensichtlich nicht geschadet, aus der Reihe zu tanzen.

 

Was trieb den Moderator an? Er wollte auf die Austauschbarkeit der Radiosender aufmerksam machen. Seit Moderatoren ihre Songs nicht mehr selbst auswählen dürfen, hören sich nämlich alle Radiosender (die zur selben Sparte gehören) gleich an.

 

Format-Radio nennt sich das. „Das Beste der 70er, 80er, 90er, 2000er und von heute.“ Wie oft hört man diesen Spruch und dieselben Lieder wohl, wenn man von Garmisch nach Flensburg fährt und die Radiosender selbständig wechseln?

 

Die Werbung macht aus uns „Normalos“

 

Wehrle schreibt weiter: „Unser modernes Leben ist wie Format-Radio. (…) Wir lesen dieselben Bestseller, tragen dieselben Kleidermarken, lachen über dieselben Witze, pfeifen dieselben Hits, nutzen dieselbe Suchmaschine, tummeln uns im selben „sozialen Netzwerk“ und leiden unter demselben Erreichbarkeitswahn, weshalb wir den Verstand grundsätzlich vor dem eigenen Handy ausschalten.

 

Und natürlich sehen wir im Fernsehen dieselbe Werbung, die Millionen Menschen individuelles Glück verspricht, sofern diese – aufgepasst! – alle das gleiche Duschgel, die gleiche Versicherung oder die gleiche Schlaftablette kaufen. Da weiß man, was man hat: ein Reihenleben im Reihenhaus!“

 

Ich mache da nicht mit

 

Wow, das hat mich umgehauen beim Lesen. Und gleichzeitig dachte ich mir: Gott sei Dank mache ich nicht überall mit.

 

  • Ich konsumiere wenig und wenn, kaufe ich möglichst bei lokalen, gerne auch kleinen Geschäften oder im Second-Hand-Handel. Amazon meide ich großzügig.
  • Mein Smartphone ist gebraucht und mehrere Jahre alt. WhatsApp, Insta und Facebook nutze ich nicht. Ich besitze keinen eigenen Fernseher.
  • Mein letzter „richtiger“ Urlaub (mehr als 4 Tage) war 2016. Weil ich jeden Tag Urlaub mache.
  • Ich finde fliegen nicht nur unglamourös, sondern auch schädlich für die Zukunft der heutigen Kinder.
  • Mit Bus und Bahn fahre ich gerne, nicht nur, weil ich kein Auto habe.
  • Ich „like“ keine Posts, in denen es um persönlichen Status und Statussymbole geht.
  • Große Menschenansammlungen meide ich mittlerweile, und ich teile keine Bilder von meinem Essen.
  • Ich bin sehr gerne alleine nicht nur, weil ich introvertiert bin.
  • Ich fahre ein sehr altes Fahrrad ohne Motor, mache Nordic Walking und gehe gerne spazieren weil es mir guttut, auch wenn ich dafür „eigentlich“ viel zu jung bin.
  • Kinder habe ich keine, auch kein Eigenheim, und ich bin auch nicht verheiratet.
  • Ich habe einen überdurchschnittlichen IQ aber kein Abitur.
  • Dem Mainstream folge ich nicht gerne, doch im Widerstand bin ich deswegen nicht.
  • Mein Leben an meine Arbeit anzupassen liegt mir völlig fern. Stattdessen muss meine Arbeit in mein Leben passen.
  • Eine Führungskraft wollte ich nie sein, lieber setze ich meine Führungskraft natürlich ein.
  • Ich mache kaum Überstunden und bin auch als Selbständige nicht ständig verfügbar.
  • Nein, ich verdiene nicht 5-stellig im Monat und arbeite auch nicht vom Ausland aus.
  • Aktuell sind all meine Möbel eingelagert, und dennoch habe ich mehr als ich brauche.
  • Ich finde „ausREICHend“ ist genug.
  • Ich lebe jetzt wieder da, wo ich aufgewachsen binscheinbar als Exotin. Doch in Wirklichkeit als erlebbare Alternative zu einem „normalen“ Leben.
  • Ich glaube, dass alles, was als „normal“ gilt, die Welt kein bisschen besser macht.

 

Und du? Was machst und bist du, das nicht „normal“ ist?

 

Anders gefragt: Wie schaffst du es, wirklich, wirklich du selbst zu sein?

 

fragt deine Gabriele Feile

 

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Wer vollkommen bei sich selbst ankommen will, nimmt sich Schmetterlinge als Vorbild: Sie ent-falten sich und zeigen der Welt ihre Farben beim Fliegen.

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Schmetterlingsfrequenz

Über Gabriele Feile:

Gabriele ist angekommen auf der #Schmetterlingsfrequenz und erfüllt ihre Lebensaufgabe.

In ihrem Buch Schmetterlinge fallen nicht vom Himmel erzählt sie, wie ihr das gelang.

Sie ist sich sicher: Je mehr Menschen so sind, wie sie gedacht sind und tun, wofür sie gemacht sind, je ausgeglichener und friedlicher ist die Welt.

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Gabriele Feile steht an einer Mauer neben einem Fenster mit Fensterläden und schaut in die Kamera

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