Was Führende vom Rudern lernen können? Alles!

 

„Wenn man in einem Achter den Rhythmus findet, ist es das reinste Vergnügen. Ist der „Swing“ gefunden, strengt das Rudern nicht mehr an. Ich habe Männer vor Freude jauchzen hören, wenn sich der Swing einstellte.“ George Yeoman Pocock, Bootsbauer-Legende

 

Mit Thomas Schröpfer treffe ich den richtigen Mann, um mich in die Geheimnisse des „Swings“ einweihen zu lassen. Und vielleicht Männer jauchzen zu hören. Wir sind an der Olympia-Regattastrecke in Oberschleißheim, bekannt von den Olympischen Spielen 1972 – und für viele noch heute die schönste Ruderstrecke Europas. Als Vorstand Sport der Rudergesellschaft München 1972 e.V. hat Thomas heute einiges zu tun. Es werden nämlich 9 Boote getauft, darunter auch sein eigenes – auf den Namen Remo.

 

Trotzdem nimmt er sich die Zeit und zeigt mir die unterschiedlichsten Boote, erklärt mir die verschiedenen Ruder (Riemen und Skulls – je nach Boot) und erzählt mir Anekdoten aus der Rudergeschichte. Immer wieder fällt ein gewichtiges Wort: Vertrauen.

 

Vertrauen – ohne geht es nicht

 

Während einer Regatta rudert die Mannschaft quasi blind und ruft Abläufe ab, die man tausendmal geübt hat. Die Taktik wird vorher besprochen und im Wettkampf umgesetzt. Der Trainer bzw. die Trainerin arbeitet sie aus, abhängig von den anderen Teams im Rennen und deren (und auch den eigenen) Stärken und Schwächen. Anders als bei anderen Sportarten dürfen Trainer:innen während des Rennens nicht eingreifen. Als Coach führt man die Mannschaft also „nur“ außerhalb des Bootes. Man vertraut darauf, dass das Team sein Bestes gibt.

 

Verantwortlich im Boot ist der Steuermann (oder die Steuerfrau). In dieser Rolle hält man das Boot auf Kurs und im Fluss. Man muss auf das reagieren, was während des Rennens passiert. Denn jegliche Taktik geht flöten, wenn die anderen Boote anders reagieren, als man dachte.

 

Dann heißt es: Taktik ändern. „In dem Moment wird nicht hinterfragt und nicht diskutiert. Man vertraut der Steuerfrau voll und ganz, und tut, was sie vorgibt“, macht Thomas klar. „Nur sie hat den Überblick über das Rennen, sieht die anderen Boote und kann einschätzen, was richtig ist.“ Sie übernimmt also die Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg – sie führt ganz und gar.

 

Thomas erklärt: „Steuerleute sind die uneingeschränkten Chefs im Boot und zwar im Training und im Rennen. Auch wenn Schwergewichts-Ruderer fast doppelt so schwer und zwei Köpfe größer sind als die Personen an den Steuerseilen, verlässt sich eine gute Mannschaft zu 100 Prozent auf Steuerfrau oder Steuermann. Sie vertraut blind auf deren Gefühl für Mannschaft und Boot, die Übersicht und die Rennerfahrung.“

 

Nicht selten kommt es vor, dass Rennen wegen der Steuerleute gewonnen werden. „Ein besonders gutes Beispiel dafür ist das Finale der Ruder-Achter bei den Olympischen Spielen in London 2012“, verrät mir Thomas.

 

Die bewährte Taktik des 35 Rennen ungeschlagenen Deutschland-Achters funktionierte zunächst nicht, weil die Engländer unbedingt im eigenen Land gewinnen wollten und das Rennen anfangs klar dominierten. Doch damit hatten sie die Rechnung ohne den deutschen Steuermann gemacht. Wie das Rennen verlief und wie der Zieleinlauf schließlich war, kann man ideal hier im Film anschauen:

 

 

 

Alle sind wichtig

 

Ein Boot kann man sehr gut mit einem Team oder einer Abteilung vergleichen, finde ich. Beides Mal gilt es, Menschen zu führen und sie zu Höchstleistungen zu inspirieren. Thomas sagt dazu: „Ich kann genau sagen, wen ich an welche Position im Boot setzen muss, um das Beste aus der Mannschaft herauszuholen.“

 

Vom Rudern lernen - Teams

 

„Nicht nur die physiologischen und technischen Voraussetzungen, sondern auch die Persönlichkeiten innerhalb einer Mannschaft müssen zusammen passen“, so Thomas. Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist im Rudersport völlig klar. Man trainiert, probiert aus, stellt das Team um und probiert wieder aus. Man muss also die Menschen sehr gut kennen und sich für sie interessieren, sonst wird das nichts.

 

Warum denkt man eigentlich, dass es in Unternehmen schneller geht und anders ist?

 

Das Wunder von Berlin

 

Das Olympiateam der USA, das 1936 in Berlin die Goldmedaille holte, galt lange als beste Mannschaft der Welt. Der Trainer stellte das Team im Laufe der Jahre immer wieder neu zusammen, bis er schließlich die perfekt harmonierende Mannschaft gefunden hatte. Diese war regelmäßig im „Swing“ und die Mitglieder gelten heute zu Recht noch als Helden. Wer die Geschichte lesen will, dem sei das Buch „Das Wunder von Berlin“ (Originaltitel: „The Boys in the Boat“) ans Herz gelegt. Thomas und ich haben es beide gelesen, es ist also für Kenner des Sports genauso wertvoll wie für Neulinge und führte monatelang die Bestsellerlisten an.

 

Hier ein Ausschnitt:

„Gute Mannschaften sind ausgewogene Mischungen verschiedener Persönlichkeiten. Der eine führt den Angriff, der andere hat noch etwas in Reserve, einer provoziert den Kampf, ein anderer strebt nach Frieden, einer denkt alles durch, ein anderer greift blindlings an. All das muss sich irgendwie mischen.

 

Doch selbst wenn die richtige Mischung gefunden ist, muss noch jeder im Boot seinen Platz innerhalb der Mannschaft annehmen und sich damit und auch mit der Eigenart der anderen abfinden. Die intensive Bindung und das daraus entstehende Glücksgefühl sind für viele Ruderer mehr noch als Pokale und Preise die eigentliche Motivation.“

 

Vom Rudern lernen - Boote

 

Führen heißt: vorweg gehen

 

Ich bin sehr dankbar, dass ich diesen Tag an der Regattastrecke erleben durfte, nicht nur weil ich noch zu Kaffee und Kuchen eingeladen wurde. Von Anfang fühlte ich mich so, als ob ich dazu gehörte. Keiner schaute mich blöd an, keiner fragte, wer ich bin, alle gingen davon aus, dass ich eine von ihnen sei.

 

„Das höre ich öfters“, verrät mir Thomas später.

 

Mein Höhepunkt des Tages war übrigens, als mich eine junge Ruderin gebeten hat, ihr zu helfen, ihr Boot umzudrehen! Ich war aufgeregt, schaffte es aber, ganz ohne Schaden anzurichten.

 

Alle Fotos: Gabriele Feile

 

 

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Diesen Artikel findest du in seiner vollständigen Version und mit allen „Geheimnissen“ im E-ssay „Aktiviere deine Führungskraft.“ Dort zeigt Gabriele Feile auf, wo Führen beginnt und wie jeder Mensch andere führen kann – ganz natürlich.

Über Thomas Schröpfer:

Thomas Schröpfer ist seit seiner Jugend ein passionierter Ruderer und mehrfacher Deutscher Meister. Morgens, schon bevor er zur Arbeit in eine Münchner Vermögensverwaltung fährt, ist er regelmäßig auf dem Wasser. Egal, was der Tag bringt – so ist er bestens gewappnet. Thomas ist ehrenamtlicher Vorstand Sport der Rudergesellschaft München 1972 e.V. und setzt in dieser Rolle seine ganz natürliche Führungskraft ein – mit Erfolg.

Thomas auf XING

Über die Rudergesellschaft München 1972 e.V.

Der Verein wurde 1972 gegründet und kann auf beachtliche nationale und internationale Erfolge im Rudersport zurückblicken. Aktuell zählt der Verein über 400 Mitglieder und besonders die erfolgreiche Jugendsparte wächst kontinuierlich. Für Unternehmen bietet der Verein einmalige Möglichkeiten, um zum Beispiel Teamgeist und Koordination zu stärken.

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