Warum neue Besen besser kehren und alte trotzdem beliebter sind

Gastbeitrag von Cathrin Eggers

 

 

Alles neu macht der Mai, jedem Anfang wohnt ein Zauber inne und neue Besen kehren gut. Sprüche, die wir alle gut kennen – die wir aber nicht so gerne auf uns selber beziehen. Warum ist das so? Warum halten wir so gerne am Alten fest?

 

Die Neue

 

In einem meiner vergangenen Jobs begrüßte ich eines Tages eine neue Kollegin. Ich war selber relativ neu hatte bis dahin ihren Aufgabenbereich mitbetreut, deshalb war ich besonders neugierig auf sie. Außerdem hoffte ich, dass die Chemie zwischen uns stimmte, denn wir würden sehr eng zusammenarbeiten.

 

Endlich war es soweit und ihr erster Arbeitstag brachte sie an unseren gemeinsamen Schreibtisch. Der erste Eindruck war gut, sie schien sehr nett zu sein und ich wollte schon aufatmen, da begann sie direkt, erste Verbesserungsvorschläge am Arbeitsplatz einzubringen: die Schreibtische könnten besser zum Tageslicht ausgerichtet sein, der Drucker näher beim Team stehen und für die Schrankausnutzung hätte sie auch direkt eine Idee.

 

Respekt, dachte ich, keinen Tag im Büro und schon alles umkrempeln wollen. Das hatte ich so noch nicht erlebt und ich fand das Verhalten meiner neuen Kollegin, ehrlich gesagt, etwas befremdlich. Schließlich war sie doch „die Neue“. Gleich alles in Frage zu stellen gehörte sich doch nicht. An den Gesichtern meiner Kollegen erkannte ich, dass sie genauso perplex waren wie ich.

 

Rückblickend frage ich mich: Wieso reagieren wir eigentlich so angefasst wenn jemand „unseren“ Status quo in Frage stellt? Wem erlauben wir das – und wem nicht so gerne? Und warum ist das so?

 

Das Alte

 

Die meisten von uns lernen schon als kleine Kinder, dass sie sich besser anpassen, wenn sie als neues Mitglied zu einer Gruppe stoßen. Das hat in erster Linie evolutionäre Gründe: Unsere entfernten Vorfahren waren vor langer Zeit von der Akzeptanz ihrer Gruppe abhängig. Ohne Lebensgemeinschaft waren sie verloren, denn sie waren der Wildnis schutzlos ausgeliefert. Es ging um Leben und Tod.

 

Wenn wir uns heute die Mechanismen im Büro ansehen, scheint sich nicht viel verändert zu haben. Wir demonstrieren Neuankömmlingen immer noch gerne unsere Gruppenzusammengehörigkeit, tauschen „Insider“ aus und geben ihnen zu verstehen, dass sie noch nicht endgültig aufgenommen sind. Bis wir sie, wenn es gut läuft, irgendwann als gleichwertiges Mitglied akzeptieren.

 

Meistens ist das dann, wenn ein noch neueres Mitglied ins Team kommt, das nun seinerseits die Rolle „des Neuen“ übernimmt. Auf diese Weise gleichen wir neue Mitarbeiter an den Status quo an und stellen immer noch sicher, dass das Überleben der Gruppe sichergestellt ist.

 

Klingt erstmal logisch und sinnvoll. Abgesehen davon, dass es heute gar nicht mehr ums Überleben geht – sondern um frischen Wind und Innovation.

 

Die Veränderung

 

Uns allen war in den ersten Tagen mit meiner neuen Kollegin unsere Verwirrung anzumerken. Genaugenommen waren es Wochen, denn sie hatte viele Ideen! Sie nutzte den Überraschungseffekt und ihren Charme und ehe wir uns versahen packten wir alle mit an und brachten auch eigene Vorschläge ein. Abgesehen von wirklich verbesserten Arbeitsabläufen entstand ein neues, kooperatives Teamgefühl.

 

Ich fragte sie später wie sie es geschafft hatte, als neueste Mitarbeiterin im Team so viel zum Positiven zu verändern – und uns alle, inklusive Abteilungsleiter, ins Boot zu holen. Ob sie keine Sorgen gehabt hätte, sich unbeliebt zu machen.

 

Ihre Antwort war: „Man geht die Dinge am besten gleich am Anfang an, später sieht man sie nicht mehr und dann bleibt immer alles nur beim Alten. Aber das Alte ist nicht immer das Beste. Wenn man mit den Kollegen an einem Strang zieht und alle verstehen, welches Potenzial in den Veränderungen steckt, dann sind die meisten auch gerne bereit mit anzupacken.“

 

Das Fazit

 

  • Neues kann nur entstehen, wenn Altes verändert wird – und verändert werden darf.
  • Wenn wir neue Mitarbeiter ins Boot holen und Veränderungen nicht unmittelbar zulassen oder sie sogar fördern, entscheiden wir uns gegen unser eigenes Innovationspotenzial.
  • Wenn wir selber neu in einem Team sind und uns zu sehr zurück halten, bringen wir uns und unseren Arbeitgeber um die Chancen, die der frische Blick von außen bringen kann. Denn: neue Besen kehren besser. 

 

Und meine damalige Kollegin? Sie ermutigt weiterhin Menschen, ihre Ideen einzubringen. Wir sind gute Freunde geworden.

 

Über die Autorin:

Cathrin Eggers hilft Frauen, die sich erfolgreich bewerben wollen, den Job zu bekommen, der zu ihnen passt. Sie beschäftigt sich eingehend mit der Frage, wie man das Thema „Bewerbung“ neu denken kann – trinkt ihren Kaffee aber lieber auf die alte Art: von Hand aufgegossen.

Mehr über Cathrin Eggers: sternebewerbung.de

 

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