Welche weitreichenden Folgen Begegnungen mit Menschen haben können

 

Es ist ein Sommertag im April (!), die Temperaturen steigen auf bis zu 30 Grad Celsius, die Sonnencreme kommt zum Einsatz. Dr. Annegret Jennewein-Kobel kommt vertrauensselig mit mir in den schattigen Wald. Wir finden zwei Baumstümpfe in moosiger Umgebung, auf die wir uns setzen, und reden über Übermut, darüber wie es ist, einen Mentor zu haben und über Table Dance.

 

Annegret hat vor gut einem Jahr ihren Job beendet, ohne Aussicht auf einen neuen. Ganz schön übermütig, oder? Fünf Jahre hat sie Start-ups beraten, sie bei Veranstaltungen präsentiert und ihnen wertvolle Kontakte vermittelt. Für eines war sie sogar als Model tätig und präsentierte einen Schuh, der sich vom High-Heel zum flachen Schuh umbauen lässt – und umgekehrt. Wie kann man so einen Traumjob einfach hinschmeißen?

 

Entgegen aller guten Ratschläge gekündigt

 

„Einfach so war das nicht“, stellt Annegret klar. Immer wieder gab es die Chance, auszusteigen, denn der Vertrag wurde regelmäßig mit Befristung verlängert. „Schon im Oktober 2014 spielte ich mit dem Gedanken, aufzuhören. Doch die Ratschläge, die ich bekam, hielten mich davon ab“, führt sie weiter aus. „Das kannst du doch nicht machen, du brauchst doch erst einen neuen Job!“ war der Tenor von Partner, Freunden und Familie.

 

Also blieb Annegret und arbeitete viel und intensiv: „Ich habe die ganze Zeit gedacht, ich muss mich bewähren. Noch eine Veranstaltung, noch einen Wettbewerb, noch mehr Aktivität – und irgendwann wird schon jemand merken, was ich hier leiste und mich dafür anerkennen!“

 

Das passierte (natürlich) nicht, und sie entfernte sich immer mehr von sich selbst, wie Annegret heute weiß. Geholfen hat ihr der Beitritt zu den Toastmasters, wo sie lernte, im positiven Sinne, in eine Rolle zu schlüpfen und wertschätzendes Feedback zu geben und zu erhalten. Ein Jahr lang war sie sogar Präsidentin der Munich Media Speakers. Hier konnte sie die Früchte ihrer Arbeit ernten – anders als im Job.

 

Dank Übermut zu Annegreat

 

„Mir wurde klar, dass ich einen Plan für die Menschen in meinem Umfeld brauchte, um meinen Job zu beenden. Ansonsten würden sie mich nicht dabei unterstützen, ohne Aussicht auf einen neuen Job diese Entscheidung zu treffen“, so Annegret. „Ohne Plan und Ziel, glaubte ich, würden sie mich nicht einfach meinen Weg gehen lassen.“

 

Wie gut, dass dieser Plan in Person ihres Mentors Christian kam, der den Funken entzündete, der in ihr glühte. Die Begegnung mit ihm war weder geplant noch gewollt. Denn eigentlich wollte Christian ihren Chef sprechen, der die Anfrage allerdings delegierte. Annegret nahm sie sehr ernst und sich die Zeit für ein Gespräch.

 

Nachdem sie ihrem Gegenüber vorgeschlagen hatte, wie sie ihn unterstützen könnte, drehte dieser plötzlich den Spieß um und wollte wissen, was sie bewegt. „Das hat mich erst mal aus der Bahn geworfen, denn es war mir schon lange nicht mehr passiert, dass sich jemand für mich als Mensch interessierte“, erinnert sich Annegret. „Doch schnell gewann ich Vertrauen und das ging so weit, dass ich mit ihm ein intensives 3-Monats-Mentoring-Programm durchlief, das unglaublich viel veränderte.“

 

Annegret lüftete in der Zusammenarbeit mit ihrem Mentor ihre nicht gleich offensichtliche „dunkle Seite“ und wurde (wieder) zu Annegreat*, die ihre Haltung klar zeigt und integer und übermütig ist. „Der Übermut hat dabei nichts mit Leichtsinn oder Leichtfertigkeit zu tun“, betont sie. „Er ist vielmehr ein Wert, der mit meinen anderen Werten mitklingt.“ So entstand ihre eigene Marke, die sich in ihrer Website ganz deutlich spiegelt:

 

 

Begegnungen statt Bewerbungen

 

Ihre Website ist ihre Bewerbung für Unternehmen, die nach ihr als Mensch suchen, nicht nach einer bloßen Arbeitskraft. Sie hat sich ganz bewusst und mutig entschieden, keine unzähligen Bewerbungen zu schreiben, die oft zu keinen Ergebnissen führen. Das heißt aber nicht, dass sie untätig ist. Im Gegenteil: Annegret heißt Begegnungen willkommen und nutzt diese, um Neues zu entdecken, Menschen kennen zu lernen und etwas zu wagen. „Denn glückliche Zufälle passieren, wenn die Haltung stimmt“, weiß sie aus eigener Erfahrung.

 

Aktuell organisiert sie zum Beispiel ein Start-up-Event zur Stärkung der Gründungskultur im ländlichen Raum. Andere Jobangebote hat sie ganz klar abgelehnt. „Der Schnee dort war einfach nicht gut genug“, schmunzelt Annegret. Die Stärke dazu holt sie sich aus ihrer Integrität. Sie sagt dazu: „Mich zu kennen, gibt mir Kraft.“

 

Versuchskaninchen sein

 

Auf ähnlich ungewöhnliche Weise kam sie übrigens zu ihrem ersten Job nach dem Studienabschluss. An der FH Reutlingen nahm sie seinerzeit an einem Wahlpflichtkurs zum Thema Innovationsmanagement teil. In Teams wurde eine Geschäftsidee entwickelt und ein Business Plan geschrieben.

 

„Damals habe ich zum ersten Mal während des Studiums verstanden, wie die einzelnen Fachbereiche der Betriebswirtschaftslehre tatsächlich zusammen hängen“, gibt Annegret heute zu. Der Professor, der diesen Kurs verantwortete, machte daraus später einen Business-Plan-Wettbewerb für „echte“ Start-ups und bot Annegret an, Teil des Teams zu werden und gleichzeitig ihre Doktorarbeit zu schreiben. Sein Antrieb war, Akademiker für einen alternativen Karriereweg zu sensibilisieren.

 

Er fragte sich nämlich regelmäßig: „Warum wählen wir die talentiertesten Menschen für das hochwertige Studium in mehrstufigen Verfahren aus, um sie dann später wieder in ein System zu pressen – in der Konzernwelt oder in Beratungen?“

 

Dieser Ansatz war Annegret sehr sympathisch, und sie entschied spontan und „naiv“, das Masterstudium sein zu lassen und sich als „Versuchskaninchen“ für ein gemeinsam betreutes Doktorandenprogramm der Dublin City University und der ESB Reutlingen zur Verfügung zu stellen und dabei ihre Dissertation zu schreiben (zusätzlich zur Teilzeitstelle an der Hochschule). Auch hier sagte sie wieder übermütig zu, ohne wirklich zu wissen, was auf sie zukommt.

 

Was im Dollhouse passierte

 

„Wenn ich zurück blicke, sehe ich mich immer wieder in Situationen, in die ich durch Begegnungen mit bestimmten Menschen gelangte – und die ich dann voll und ganz annahm – übermütig und gleichzeitig verbindlich.“ Annegret Jennewein-Kobel

 

Die lustigste Situation, die bisher nur wenige Leute kennen, begab sich auf der Reeperbahn in Hamburg. Während einer Studienfahrt in der 12. Klasse wollten die Mädels natürlich was erleben und landeten im berühmten Stripclub „Dollhouse“. Weil ein persönlicher Strip am Tisch „nur“ 35 Mark kostete, gönnten sich die 10 Schwäbinnen gemeinsam einen solchen.

 

Der Tänzer gab alles, und die Mädels gaben ihm ihre Dollars. Es kam, wie es kommen musste: Der Stripper zeigte auf Annegret und lud sie auf den Tisch ein. „Was dann passierte, weiß ich nicht mehr so genau“, sagt sie mit einem Grinsen „Ich bin sicher, den Kopf geschüttelt zu haben, aber das nützte nichts. Also fand ich mich auf dem Tisch wieder und tanzte mit einem gut gebauten Stripper!“

 

Das mag jetzt für alle erprobten Teilnehmer von Junggesellinnen-Abschieden nichts Besonderes sein. Für Annegret änderte sich dadurch vieles! Denn ihre dunkle Seite kam erstmals zum Vorschein. Zurück in der Heimat war sie das Gespräch der Schule, insbesondere im Lehrerzimmer – und zwar positiv. Man klopfte ihr auf die Schulter, lächelte ihr anerkennend zu und erwähnte die Geschichte – selbstredend – in der Abi-Zeitung.

 

„Für mich war das deshalb so bemerkenswert, weil ich bis dahin als langweilig-brave Streberin galt, die fleißig war und nicht besonders auffiel, außer durch sehr gute Noten. Endlich einen in der Schule anerkannten Makel zu haben, machte mich glücklich“, freut sich Annegret. „Wie es ist, den Übermut sich Bahnbrechen zu lassen und damit das Bauchgefühl über den Verstand zu stellen, habe ich damals vermutlich erstmals erfahren. Heute ist das immer noch so: Wenn ich mich wohlfühle und alles stimmig ist, zeigt sich mein Übermut.“

 

Annegreat Dank

So wirken Begegnungen nach.

 

Begegnungen, die bewegen

 

So fing also alles an mit dem Übermut, und ich bin sehr froh, dass Annegret und ich uns nicht auf der Reeperbahn begegnet sind, sondern in München. Wir beide waren offen für Neues, konnten Schwäbisch und zeigten Haltung. Da war es doch ganz logisch, dass Annegret zur Kommplizin wurde und daran mitwirkte, das Thema „Führen“ in eine völlig neue Dimension zu heben. Das war echt bewegend – und übermütig!

 

Lass uns noch viel gemeinsam bewegen, Annegreat!

 

Deine Kommplizin Gaby Feile

 

*Der Name Annegreat entstand ursprünglich bei einer Schottlandreise, weil die Einheimischen dort diesen Namen besser verstanden als das Original.

 

Über Dr. Annegret Jennewein-Kobel:

Annegret ist eine Möglichmacherin, die guten Schnee liebt und am besten ist, wenn das, was ihr wichtig ist, zu dem passt, was sie tut. Sie traut sich was zu, lernt unglaublich gerne Neues – und spricht neben Hochdeutsch, Englisch und Französisch auch fließend Schwäbisch. Und unterstütze als Übermut-Kommplizin lange die Mission des Klub der Kommplizen.

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